Tiere in Afrika und Indien von Gießen aus retten
Mit einem Onlineshop aus Gießen in Afrika und Asien Tiere retten: Modemarke espero setzt auf Social Entrepreneurship
Der Onlinehändler espero vertreibt nachhaltige Mode und will die Welt ein Stück besser machen. In Mittelhessen hat sein Gründer die perfekte Umgebung gefunden, um sich zu vernetzen und das eigene Geschäftsmodell bis ins Detail auszuarbeiten.
Am Anfang wollte Tim Weinel eigentlich nur etwas Gutes tun: Als großer Tierfreund liebäugelte er mit der Gründung einer Schutzorganisation. Doch als studierter Betriebswirt merkte er schnell, dass nicht fehlende Projekte, sondern die Finanzierung bestehender Organisationen das Problem darstellte. „Es gibt bereits so viele tolle Ansätze, die weltweit eine ganz wichtige Arbeit zum Schutz unserer Natur leisten, dafür aber Geld benötigen – also habe ich meine Pläne etwas modifiziert“, erzählt der 33-jährige Startup-Gründer.
Seine Idee: Ein Geschäft aufbauen, das Nachhaltigkeitsaspekte lebt und gleichzeitig einen Teil seiner Überschüsse für konkrete Tierschutzprojekte spendet. Denn für ihn war klar, dass es nicht um plumpe Konsumkritik, sondern um konstruktive Konsumverbesserung gehen sollte. „Jeder Mensch hat Bedürfnisse und möchte Dinge kaufen. Gleichzeitig ist der eigene Einkaufszettel auch ein Stimmzettel: Es hat große Auswirkungen, was und wie wir kaufen. Deshalb wollte ich den Konsumenten eine sinnvolle Alternative bieten, mit der sie zusätzlich etwas Gutes tun – das erzeugt auch beim Kunden ein gutes Gefühl“, ist Tim Weinel überzeugt. Das Ergebnis ist espero, ein Onlineshop für Bekleidung, die unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert, in Gießen veredelt und deutschlandweit vertrieben wird. Außerdem gehen bei espero 25 Prozent der Überschüsse an konkrete Projekte für den Schutz bedrohter Tierarten in Afrika und Asien, deren Hintergründe für die Käufer transparent gemacht werden. „Der Bereich Mode erschien mir sinnvoll, um bei den oft prekären Herstellungsbedingungen anzusetzen. Letztlich lässt sich das Konzept aber auf fast jedes andere Produkt übertragen, was für die Zukunft großes Wachstumspotenzial für mein Unternehmen bietet“, sagt Tim Weinel.
Eine Gründung als Social Entrepreneur kann dennoch eine besondere Herausforderung sein. Da die Geschäftsidee nicht nur rein marktwirtschaftlich und gewinnorientiert ausgerichtet ist, sondern auch soziale und gesellschaftliche Komponenten im Blick hat, sind die Aufgaben für Gründer noch vielfältiger. Tim Weinel kann aber auf viel Erfahrung zurückgreifen. Nach einer Ausbildung zum Medienkaufmann absolvierte er ein BWL-Studium und gründete parallel sein erstes Start-up für Media-Leistungen. „Ich musste mir mein Studium finanzieren und fand das Gründen spannender als einen normalen Nebenjob“, erzählt er schmunzelnd. „Das Studium ist aber tatsächlich ein guter Zeitpunkt für erste Gehversuche als Gründer: Man hat noch alle Freiheiten und wenig finanzielle Verpflichtungen. Später muss man für ein Start-up oft seinen bisherigen Job aufgeben und gleichzeitig seine Familie oder seine Lebenspläne finanzieren – da fällt der Sprung in die unternehmerische Selbstständigkeit mitunter deutlich schwerer.“
Auch mit modernen Finanzierungsmethoden konnte Tim Weinel schon zuvor Erfahrung sammeln. Mit einem Projekt für Crowdinvesting für Energieprojekte verband er bereits vor der Gründung von espero die Themen Wirtschaft und Nachhaltigkeit. Für seinen Tierschutz-Onlineshop konnte Tim Weinel deshalb aus den Vollen schöpfen: Er baute die Homepage und sämtliche administrativen Abläufe im Hintergrund selbst auf, behielt die ganze Zeit die Übersicht und konnte das Projekt nach seinen Vorstellungen bis in die letzten Details ausgestalten. „Das ist ein ganz wichtiger Tipp für Gründer: Man muss sein Geschäft kennen und in der Lage sein, die einzelnen Abläufe selbst zu stemmen – auch wenn man sich natürlich an verschiedenen Stellen Unterstützung holen und einzelne Prozesse aus wirtschaftlichen Gründen auslagern sollte. Aber man muss als Gründer sein eigenes Produkt trotzdem immer verstehen“, sagt Tim Weinel.
Selbst das Design seiner Casual Streetwear entwirft der Start-up-Gründer aus Gießen deshalb selbst. In anderen Bereichen greift er regelmäßig auf Hilfe zurück, vor allem im komplexen juristischen Bereich. „Markenrechte sind ein wichtiges Thema bei physischen Produkten. Das Thema sollte also immer von Experten bearbeitet werden“, rät Tim Weinel. Auch bei komplexen Details des Onlineshops holte er sich Unterstützung, gab aber die grundlegende Richtung vor: Alle digitalen Vorgänge sollten möglichst automatisch miteinander agieren. „Das ist zunächst ein großer technischer Aufwand, aber wenn es einmal läuft, sind smarte Produktionsprozesse gerade für Start-ups eine riesige Hilfe. Auch als kleines Unternehmen kann man dadurch komplexe Lieferprozesse abwickeln. Und mit der Unterstützung der etablierten Firma GI-PLANT, die ebenfalls ihren Sitz in Gießen hat und auf nachhaltige Textilveredelung spezialisiert ist, habe ich mir einen passgenauen Partner an die Seite geholt. Dank einer Beteiligung auf Erfolgsbasis kann ich als junges Start-up dabei meine Kosten im Blick behalten“, erklärt Tim Weinel.
Überhaupt spielt für den erfolgreichen Social Entrepreneur die Vernetzung eine ganz entscheidende Rolle – und dabei nutzt er intensiv die unkomplizierten Möglichkeiten der mittelhessischen Gründerszene. Ob kostenlose Beratungsgespräche oder Workshops zu Themen wie Recht, Marketing und Vertrieb: Dank Anlaufstellen wie dem Technologie- und Innovationszentrum Gießen oder dem Regionalmanagement Mittelhessen gibt es hier für Start-ups eine breite Unterstützung. „Bei Fragen kann man einfach anrufen und erhält schnell einen Ansprechpartner. Denn die kurzen Wege in unserer Region sind ein wichtiger Vorteil: Es gibt zahlreiche Gründerstammtische, an denen die verschiedensten Branchen und Bereiche vertreten sind, was einen engen Austausch möglich macht. Das Feedback, das ich mir da ganz unverbindlich holen kann, ist eine enorme Triebfeder für mein Unternehmertum“, sagt Tim Weinel.
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